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Wirkung von Nattokinase: Was du über das Enzym wissen solltest

Entdecke die Funktion von Nattokinase, mögliche Anwendungsbereiche und Ergebnisse aktueller Forschung.

Themen dieses Blogartikels:

Einführung

Wirkung von Nattokinase: Was du über das Enzym wissen solltest

Nattokinase – hä, was ist das denn? Viele kennen dieses Enzym überhaupt nicht. Dabei hat es vor allem in Japan eine lange Anwendungsgeschichte. Heute sprechen wir also über das Enzym Nattokinase, seine Wirkung im Körper und potentielle Schlussfolgerungen für die Unterstützung einer Therapie.

Wie immer gilt trotzdem: Dieser Artikel ist kein Ersatz für eine medizinische Beratung, sondern stellt allgemeine Informationen bereit. Ein Therapiekonzept muss in Absprache mit einem Arzt oder Therapeuten erstellt werden.

Na dann, lasst uns tiefer in das spannende Thema Enzyme im Zusammenhang mit dem Herz-Kreislauf-System eintauchen.

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Inhaltsverzeichnis

• Nattokinase: Was ist das?
• Wie wirkt Nattokinase im Körper?
• Nattokinase: Auswirkungen auf die Blutgerinnung
• Nattokinase & Entzündung
• Nattokinase, Gefäßgesundheit & Herz-Kreislauf-Erkrankungen
• Wie wird Nattokinase eingenommen?
• Gibt es Risiken oder Nebenwirkungen bei der Einnahme von Nattokinase?
• Fazit: Nattokinase – eine vielversprechende Zukunft
• Literaturverzeichnis

Nattokinase: Was ist das?

Bevor es tiefer in die Materie geht, beantworten wir am besten diese allgemeine Frage: Was ist Nattokinase?

Nattokinase ist ein Enzym, welches seinen Namen Natto zu verdanken hat. Was ist Natto? Das ist ein japanisches Sojabohnengericht, für das die Bohnen gekocht und fermentiert werden. Sie sind daraufhin reich an Nattokinase. In Japan gilt der Verzehr von Natto, in dem nicht nur dieses eine Enzym steckt, als sehr gesund.

Eine kleine Randinfo für alle Chemie-Fans: Anders als der Name vermuten lässt, handelt es sich bei diesem Enzym nicht um eine Kinase, das ist eine Enzymklasse, sondern um eine Protease. Proteasen spalten Proteine, die Nattokinase spaltet beispielsweise Fibrin, genauer gesagt die Fibrinpolymere, die sich bei der Blutgerinnung bilden. Deshalb werden Nattokinase und andere Enzyme wie sie oft auch als natürliche Blutverdünner bezeichnet. Inwiefern das stimmt, sehen wir uns heute im Detail an.

Wie wirkt Nattokinase im Körper?

Nattokinase ist als Protease ziemlich spezifisch für die Spaltung von Fibrin, aktiviert aber auch den tPA (Tissue Plasminogen Activator), der wiederum Plasminogen zum aktiven gerinnselauflösenden Plasmin spaltet1.

Alles in allem hat Nattokinase potentielle fibrinolytische und thrombolytische Wirkungen und damit ein großes Spektrum an möglichen Anwendungsgebieten. Und genau diese wollen wir uns nun näher ansehen.

Nattokinase: Auswirkungen auf die Blutgerinnung

Dass Nattokinase eine Auswirkung auf die Blutgerinnung hat, liegt aufgrund der Funktion nahe. Werfen wir deshalb einen Blick auf Studien zur Blutgerinnung und Nattokinase:

Eine doppelblinde, randomisierte, placebo-kontrollierte Interventionsstudie von 2015, die in Scientific Reports, einem Magazin der renommierten nature publishing group, erschien, zeigte, wie stark die fibrinolytische Wirkung nach einmaliger Gabe von 2.000 fibrinolytischen Einheiten (FU) war2.
Das Ergebnis: Schon mit der einmaligen Dosis kam es nach etwa 6 Stunden zu einer signifikanten Erhöhung der Fibrinabbauprodukte, die anzeigen, dass es zu einer enzymatischen Spaltung kam. Außerdem war der Parameter D-Dimer nach 4 und 8 Stunden erhöht. Das D-Dimer deutet ebenfalls darauf hin, dass es zu einer Auflösung von Fibrinpolymeren kam. Antithrombin-Konzentrationen waren außerdem ebenfalls signifikant erhöht.

Alles in allem spricht dieses Ergebnis für eine deutliche Änderung nach der Einnahme von Nattokinase, die aber trotzdem noch im normalen Bereich lag. Das ist wichtig, denn eine abnormale Änderung ginge vermutlich mit einem starken Nebenwirkungsprofil einher. Es lässt sich also vermuten, dass Nattokinase eine gewisse Blutverdünnung verursacht, die sich allerdings in einem gesunden Bereich bewegt.

Nattokinase & Entzündung

Inflammation, beziehungsweise chronische Entzündungen, spielen eine Rolle bei der Entstehung vieler Erkrankungen. Auch kardiovaskuläre Krankheiten wie Atherosklerose sind eigentlich auf chronisch-entzündliche Prozesse in der Gefäßwand zurückzuführen.

Aus diesem Grund beschäftigte sich eine in-vitro- und in-vivo-Studie aus dem Jahr 2020 damit, ob und wie Nattokinase Einfluss auf diese entzündlichen Prozesse und den erhöhten oxidativen Stress nehmen kann3. Sie ergab, dass das Enzym LPS-induzierte Entzündungsprozesse inhibieren und damit die Überaktivierung von Makrophagen regulieren kann. Insgesamt konnte gezeigt werden, dass Nattokinase zumindest in-vitro sowie in-vivo bei Mäusen oxidativen Stress reduzieren konnte und antiinflammatorische Effekte aufwies.

Wie dieser Effekt auf Menschen übertragbar ist, wird sich noch zeigen – immerhin wurde das Enzym erst im Jahr 1987 entdeckt, die Wissenschaft steckt also teilweise noch in den Kinderschuhen.

Nattokinase, Gefäßgesundheit & Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Wenn wir von Blutgerinnung und chronischen Entzündungen sprechen, ist der Weg nicht weit zum Herz-Kreislauf-System. Wusstest du, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen 2019 für etwa 27 % der Todesfälle weltweit verantwortlich waren4? In Deutschland waren es im Jahr 2021 sogar etwas über 33 % der Todesfälle5.

Es besteht daher ständig Bedarf, auch präventiv und möglichst nebenwirkungsarm den Körper im Kampf gegen diese Erkrankungen zu unterstützen. Wie steht es also um die Evidenz in Bezug auf Nattokinase und Gefäßgesundheit?

Werfen wir doch zuerst einmal einen Blick auf das Thema Blutdruck. Damit beschäftigen sich auch einige Forschungsgruppen und versuchen zu zeigen, ob das fibrinolytische Enzym hier einen Einfluss nimmt.

So zeigte eine randomisierte kontrollierte Studie mit doppelter Verblindung und Placebo-Kontrolle von 2008, dass bei Patienten mit unbehandeltem Bluthochdruck oder grenzwertig erhöhtem Blutdruck sowohl der systolische als auch der diastolische Blutdruck abnahmen6. Grund dafür ist vermutlich zumindest teilweise die Wirkung als ACE-Hemmer7. ACE, das Angiotensin-Converting Enzyme, ist ein beliebter Angriffspunkt vieler blutdrucksenkender Medikamente.

Andere Arbeitsgruppen fokussierten sich auf die Effekte auf Blutfettwerte und Artherosklerose. Eine große klinische Studie mit 1.062 Teilnehmern8 zeigte beispielsweise, dass bei 12-monatiger Einnahme von 10.800 FU Nattokinase sowohl das LDL-Cholesterin als auch die Triglyceride signifikant abnahmen, während das "gute" HDL-Cholesterin zunahm.
Außerdem wurde bei 683 Patienten mittels Ultraschalluntersuchung auf eine Verbesserung artherosklerotischer Veränderungen der Carotiden (umgangssprachlich Halsschlagader genannt) untersucht. Die Größe bestehender Plaques und die Gefäßdicke nahmen signifikant ab, bei der Größe lag die Verbesserung bei durchschnittlich 66,5 % im Vergleich zu vor der Einnahme.

Auch hier scheint Nattokinase also positive Effekte zu haben und damit eine vielversprechende Ergänzung zum Therapieplan zu sein. Natürlich müssen wir weiterhin auf Ergebnisse warten, bis sichere Empfehlungen ausgesprochen und Letlinien vielleicht sogar ergänzt werden können.
Bis dahin können wir uns aber zumindest um zwei weitere Fragen kümmern: In welche Dosierung nimmt man Nattokinase zu sich und welche Nebenwirkungen gibt es?

Wie wird Nattokinase eingenommen?

Das Enzym befindet sich wie schon beschrieben in dem fermentierten Gericht Natto und kann als Nahrungsergänzungsmittel auch in Form von Kapseln verzehrt werden. Die Nattokinase Kapseln enthalten dabei meistens eine Enzymmenge mit einer Enzymaktivität von 2.000 FU. Diese Angabe ist wichtig, weil die Menge an Enzym nicht direkt mit der Aktivität übereinstimmt. 2 mg Nattokinase weisen daher nicht unbedingt die gleiche Enzymaktivität auf.

Die festgelegte Maximalaktivität, die ein Produkt pro Tagesdosis derzeit enthalten darf, entspricht diesen genannten 2.000 FU. Wie oben beschreiben, vermutet man eine wirksame Dosis in Studien teilweise erst ab einer höheren Aktivität von beispielsweise 10.000 FU. Diese Dosis wird derzeit aber noch nicht empfohlen – besonders nicht ohne ärztliche Absprache. Denn zur Sicherheit sind obere Grenzen, besonders in der EU, meist recht niedrig gehalten – um Risiken und Nebenwirkungen möglichst zu vermeiden. Apropos, welche Nebenwirkungen hat die Nattokinase denn?

Gibt es Risiken oder Nebenwirkungen bei der Einnahme von Nattokinase?

Generell gilt Nattokinase als nebenwirkungsarm, jedoch ist besonders bei gleichzeitiger Einnahme von Blutverdünnern Vorsicht geboten, da sich die Wirkung potenzieren könnte. Es gilt daher: Nattokinase und Blutverdünner sollten nur mit vorheriger Absprache und Überwachung durch einen Arzt gemeinsam eingenommen werden.
Nattokinase alleine hingegen zeigt sich als sicher, wie eine toxikologische Studie von 2016 zeigte9. Bei gesunden Personen war die tolerierte Dosis deutlich höher als die derzeit empfohlene Dosis.

Fazit: Nattokinase – eine vielversprechende Zukunft

Fassen wir einmal alle bisherigen Ergebnisse zusammen, ist klar, dass Nattokinase eine vielversprechende Zukunft hat und möglicherweise in der Therapiebegleitung sinnvoll ist. Da dieses Enzym noch recht neu ist, steckt die Wissenschaft in manchen Gebieten noch in den Kinderschuhen und es wird wohl noch etwas dauern, bis Nattokinase im Praxisalltag angekommen ist.

Eine Überlegung ist die Supplementierung jedoch auf jeden Fall wert – oder?

Literaturverzeichnis

1 Peng, Y., Yang, X. & Zhang, Y. (2005). Microbial fibrinolytic enzymes: an overview of source, production, properties, and thrombolytic activity in vivo. Appl Microbiol Biotechnol, 69, 126–132. https://doi.org/10.1007/s00253-005-0159-7

2 Kurosawa, Y., Nirengi, S., Homma, T. et al. (2015). A single-dose of oral nattokinase potentiates thrombolysis and anti-coagulation profiles. Sci Rep, 5, 11601. https://doi.org/10.1038/srep11601

3 Wu, H., Wang, Y., Zhang, Y., Xu, F., Chen, J., Duan, L., Zhang, T., Wang, J., & Zhang, F. (2020). Breaking the vicious loop between inflammation, oxidative stress and coagulation, a novel anti-thrombus insight of nattokinase by inhibiting LPS-induced inflammation and oxidative stress. Redox biology, 32, 101500. https://doi.org/10.1016/j.redox.2020.101500

4 The top 10 causes of death. (2020). Who.int. Abgerufen 25. August 2023, von https://www.who.int/news-room/fact- sheets/detail/the-top-10-causes-of-death

5 Todesursachen (2023). Statistisches Bundesamt. Abgerufen 5. September 2023, von https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Todesursachen/_inhalt.html

6 Kim, J., Gum, S., Paik, J. et al. (2008). Effects of Nattokinase on Blood Pressure: A Randomized, Controlled Trial. Hypertens Res, 31, 1583–1588. https://doi.org/10.1291/hypres.31.1583

7 Okamoto, A., Hanagata, H., Kawamura, Y. et al. (1995). Anti-hypertensive substances in fermented soybean, natto. Plant Food Hum Nutr, 47, 39–47. https://doi.org/10.1007/BF01088165

8 Chen, H., Chen, J., Zhang, F., Li, Y., Wang, R., Zheng, Q., Zhang, X., Zeng, J., Xu, F., & Lin, Y. (2022). Effective management of atherosclerosis progress and hyperlipidemia with nattokinase: A clinical study with 1,062 participants. Frontiers in cardiovascular medicine, 9, 964977. https://doi.org/10.3389/fcvm.2022.964977

9 Lampe, B. J., English, J. C. (2016). Toxicological assessment of nattokinase derived from Bacillus subtilis var. natto. Food and chemical toxicology : an international journal published for the British Industrial Biological Research Association, 88, 87–99. https://doi.org/10.1016/j.fct.2015.12.025